18 Okt 2010

Tierische See

Geschrieben von florian

Yes, we did it! Es war klar, dass die Überfahrt nach Spanien mit dem Fortschreiten des Herbstes nicht einfacher werden würde und die Zeit, an der französischen Biskaya-Küste und dann an Nordspanien entlang zu segeln, zu lange dauern würde, um rechtzeitig in wärmere und sicherere Gefilde vorzudringen. So sind wir also am späten Mittwoch Vormittag losgefahren, um bei Einsetzen des letzten Stroms im Englischen Kanal nach Westen Richtung Chenal du Four (zwischen Festlandküste und Ile d‘Ouessant) zu segeln – eine Gegend mit vielen Leuchttürmen und Tonnen, um auf die unzähligen Felsen hinzuweisen. Dann direkt nach Süden, an der Einfahrt Richtung Brest vorbei und auf das offene Meer in die Biskaya.

Unser Appetit auf Essbares ist auf See nie besonders groß, eine gute Gelegenheit, ein paar Pfunde im Kielwasser zu lassen – und die Anstrengung tut ein Übriges. Wechselseitige Nachtwachen und Schlafdefizit, das man am Tag auszugleichen sucht, sorgen dafür, dass wir uns immer nur kurz begegneten, um dem anderen die Wache oder die noch warme Koje zu überlassen.

Doch was sind die Highlights einer solchen Reise? In den Süden und in wärmere Länder, sprich Spanien/Portugal zu kommen, war vordringlich. Wenn der Kompass auf 190° steht. Und natürlich die größte Freude weit draußen, wenn wie am zweiten Tag um kurz nach acht Uhr früh Delfine mit der OOROS spielten und in unterschiedlich großen Gruppen bis ca. 8 Tiere bis zum Mittag blieben. Dann schließlich am Nachmittag des dritten Tages, nur 30 Meter von uns entfernt, der Blas eines Wals 4 Meter in die Luft steigt, gleich darauf der schiefergraue Rücken gefolgt von der kleinen Rückenflosse. Dank meines offenen Mundes und der totalen Unfassbarkeit dieses Ereignisses gibt es leider kein Foto von diesem Finnwal. Doch in uns ist dieser Moment eingebrannt. Gleich darauf aber die Ernüchterung: was kann dieser vielleicht 30 Tonnen schwere und 25 Meter lange Wal mit uns anstellen? Hat er uns bemerkt? Sollen wir den Motor starten oder Musik anmachen? Was, wenn ihm die Dire Straits nicht gefallen? Dann aber haben wir seinen Blas nochmal weit hinter uns gesehen, doch auch er will nach Spanien. Gute Reise grauer Riese! Einige andere waren dagegen nicht in ihrem Element, kleine grüne Vögelchen mit Streichholzbeinen, über 200 km von jedem Land entfernt haben einen kurzen Rastplatz auf der OOROS gefunden. Einer flog uns abends immer wieder an, er wollte wohl weiter, aber da war nirgends Land und so kam er immer wieder zurück. Vor lauter Erschöpfung vergass er sogar seine Scheu und setzte sich auf unsere Hand. Trotzdem verschmähte er den dargereichten Apfel, die Brösel und das Wasser und startete ein letztes Mal ins Ungewisse. Hoffentlich hat er das Ufer erreicht!

Bayona, südlich von Kap Finisterre gelegen, wollten wir nicht mehr ansteuern. Unser Navtex hat Starkwind für das Kap gemeldet – davon bekamen wir dann am nahe gelegenen La Coruna noch etwas ab, der Wind wurde stärker und ging bis auf 35 Knoten, also Sturmstärke(!), hoch und die Wellen rollten mit 3 Meter Höhe von hinten auf uns zu und wenn sie direkt da waren, hoben sie uns an und tauchten unter uns durch. Wir waren fasziniert, wie spielerisch unser Schiff damit umgeht. Unser Vertrauen ist ständig gestiegen und hat dem Erstaunen über dieses Schauspiel Platz gemacht.

Hundemüde kamen wir dann in der vierten Nacht nach 390 Seemeilen (rd. 720 km) in der Marina Sada bei La Coruna an. Die nächsten Tage sind angefüllt mit kleinen Reparaturen, Wäsche waschen und natürlich La Coruna anschauen. Für den Mittwoch haben wir einen Ausflug nach Santiago de Compostela geplant. Der Leihwagen und das Hotel sind gebucht – doch davon später mehr. Nun viel Freude mit den Bildern!

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