26 Jun 2011

Abgeschleppt

Geschrieben von eva

Abschied von Cascais und damit auch von Lissabon. Doch wir wollen weiter. Unser Ziel ist Sesimbra, knapp 30 Seemeilen (ca. 55 km) von Cascais entfernt. Als wir dort ankommen, ist der Hafen klein und voll und auf dem Ankerplatz, der in unserem schlauen Buch verzeichnet ist, findet gerade eine Regatta statt. Also weiter bis zum nächsten Ankerplatz in der romantischen Bucht von Arrábida, nur ein paar Meilen entfernt. Einmal im kalten Wasser ums Schiff schwimmen – herrlich! Wir fühlen uns so frei wie schon lange nicht mehr! Es gibt noch ein paar weitere Ankerlieger, die sich aber bis zum Abend verabschieden. Nachts erfahren wir dann warum: Da die Hänge rings um die Bucht steil sind, kommen nachts heftige Fallböen und schütteln uns durch. Morgens ist alles wieder friedlich und wir segeln weiter. Das nächste Ziel heißt Sines – der letzte Hafen, bevor wir die Algarve erreichen. Kurz nach unserer Ankunft trudeln auch Sven und Lisa mit ihrer Randivåg ein – wir hatten sie in einem ganz anderen Hafen vermutet und freuen uns alle sehr.
 
 
 

Sines ist der Geburtsort von Vasco da Gama, der 1498 den Seeweg nach Indien entdeckte. Trotz dieser Tatsache ist der kleine Ort nicht vom Tourismus überrollt und hat sich seinen natürlichen Charme erhalten. In den Bars und Restaurant sind hauptsächlich Einheimische zu finden und wir fühlen uns sehr wohl – zum Glück, denn das Wetter hält uns eine Woche lang hier fest. Starkwind und hohe Wellen am Kap – nein danke!
Doch dann geht es weiter Richtung Cabo de São Vicente, dem südwestlichsten Punkt des europäischen Festlandes. Endlich! In Sines haben wir ein deutsches Paar kennengelernt, die mit ihrer Bonita auf dem gleichen Weg wie Randivåg und wir sind. Da wir jedoch alle unterschiedliche Geschwindigkeiten haben, vereinbaren wir, dass wir alle 2 Stunden per Funk Kontakt zueinander aufnehmen. Die Randivåg erreicht als erste den Ankerplatz in Sagres kurz nach dem Kap. Ich möchte der Bonita Bescheid geben und rufe sie per Funk an. Die Stimme am anderen Ende kommt mir zwar ein bisserl komisch vor, aber darüber mache ich mir keine großen Gedanken, könnte ja an der Funkverbindung liegen. Dass Peter aber unbedingt Englisch reden will, macht mich dann schon stutzig. Als er dann noch fragt, wie genau wir denn heißen, ist mir klar: das ist nicht die Bonita, mit der ich sprechen wollte! Ich erkläre dem unbekannten Funker, dass ich mit der Segeljacht Bonita aus Deutschland sprechen will, woraufhin er mir erklärt, er sei der Motortanker Bonita aus Griechenland! So ein Zufall, mit zwei Bonitas ums Kap zu fahren! Im Nachhinein stellen wir fest, dass dieser Tanker 246 m lang und 42 m breit ist. Zum Glück hatten wir ihn zuvor gewarnt, dass es ums Kap mit 15 und mehr Knoten bläst. Jetzt können wir uns auch seine Lache am Funkgerät erklären…
 
Doch wir hatten noch eine weitere Begegnung mit einem Großschiff: kurz nachdem wir aus Sines ausgelaufen sind, passierten wir ein Containerschiff vor dem Bug, das Kurs auf Sines genommen hatte. Der Abstand zum Containerschiff war nicht ganz riesig, aber sicher. Doch plötzlich drehte das Ungetüm und hielt auf uns zu! Florian hat ihn sofort per Funk angerufen – die Hafenkontrolle in Sines hat sich eingeschalten und das Schiff wieder auf einen für uns sicheren Kurs gebracht. Puh – das war fies!
In der wunderschönen Bucht von Sagres, umgeben von Steilklippen, ist das Wasser ziemlich kalt – 16° C! Trotzdem schaffe sogar ich es, eine Runde ums Schiff zu schwimmen! Der Schwell nimmt stetig zu und wir schaukeln von einer Seite auf die andere. Am 2. Tag dann beschließen wir weiterzufahren. Die Bonita ist schon weg, die hatten die Schaukelei schon nach einem Tag satt. Wir haben Probleme den Motor zu starten, da die Batterie nicht so ganz will. Als er dann endlich anspringt, geht er nach kurzer Zeit von selbst wieder aus. Sven, der mit seinem Beiboot zu uns rüberrudert, meint, es ist wahrscheinlich durch die ständige Schaukelei Luft in der Dieselleitung, die erst den Ausweg finden muss. Doch der Batterie fehlt die Kraft und plötzlich meldet sich auch noch ein komisches Geräusch aus dem Motor. Wir lassen ihn aus und legen unter Segeln ab. Also Anker auf und los – wir sind ganz stolz, dass es so gut funktioniert! Auf der halben Strecke nach Lagos schläft jedoch der Wind ein und wir dümpeln nur noch. Die Randivåg, die uns nicht im Stich lässt, schleppt uns 2 1/2 Stunden bis kurz vor die Hafeneinfahrt von Lagos, wo wir von vorher gerufenen Helfern in Empfang genommen werden. Das letzte Mal wurden wir in Medemblik (Ijsselmeer) abgeschleppt – vor fast genau einem Jahr! Als wir uns bei Sven und Lisa bedanken, bekommen wir als Antwort “Dafür hat man Freunde” – es ist unglaublich schön! Und da Midsommar in Schweden, das genauso wichtig ist wie Weihnachten!, im Kreis von Freunden und Familie gefeiert wird, dürfen wir natürlich auch mit dabei sein. Es gibt traditionell Hering, neue Kartoffeln, Schnittlauch und vieles mehr, als Getränke stehen Bier und Schnaps am Tisch. Und vor jedem Schluck Schnaps gibt es ein schwedisches Trinklied – es wird viel gesungen an diesem Abend!
Jetzt steht die Ooros wieder mal an Land, das Getriebe ist ausgebaut und wir harren der Dinge, die uns noch erwarten. Langweilig wird uns auf alle Fälle nie!

 

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