8 Sep 2010

Paris und eine lange Überfahrt

Geschrieben von florian

Nach nur 2 Stunden im Zug waren wir also am Vormittag in Paris und es wollte erobert werden. Wir haben noch schnell unser kleines Gepäck im Hotel abgegeben, und schon ging es los mit der Metro. Die hier überwiegend den Straßen folgt, weil sonst durch die vielen Grundstücksenteignungen der Bau zu teuer geworden wäre. Der andere Teil der Metro in dieser 11 Mio. Einwohnerstadt nutzt die Katakomben.

Unser Schlachtplan sah vor, am Trocadero, der erhöht liegt, auszusteigen, um einen ersten Blick auf den Eiffelturm zu werfen. Der Tour Eiffel wurde für die Weltausstellung 1890 erbaut und ist noch immer ein Magnet in dieser Stadt, die auch noch so viel anderes zu bieten hat. So auch Sacre Cour, auf einem Hügel im Künstlerviertel gelegen, mit einem riesigen in Mosaik gestalteten Christus, der die Arme ausbreitet und uns in dieser faszinierend anstrengenden Stadt zur Ruhe zu mahnen scheint. Ruhig haben wir es dann in einem Café angehen lassen, in dem gerade Modeaufnahmen gemacht wurden.

Nach vielen weiteren Eindrücken ging es abends noch auf den Eiffelturm. Eine gute Idee, denn die Tagestouristen waren weg und wir konnten ohne Schlangestehen hinauffahren auf die letzte Plattform in 276 m Höhe und auf das nächtliche Paris hinabsehen. Beruhigend war zu hören, dass immer noch die alten Fahrstühle im Einsatz sind – nicht alles was fährt hält so lange! Von vier im offenen Doppeldeckerbus angebotenen Bustouren durch Paris haben wir am zweiten Tag, an dem wir eigentlich wieder zurückfahren wollten, nur zwei gemacht. Spontan entschlossen wir uns deshalb, noch eine Nacht dranzuhängen. Wir waren uns einig, dass man für diese faszinierende Stadt Wochen braucht und dann gibt es Orte wie den Jardin des Tuileries, einen großen Park, der sich zwischen dem Place de la Concorde und dem Palais de Louvre befindet, wo man einfach verweilen und die Seele baumeln lassen kann. Der Baumschnitt erfolgt dort übrigens für die kleinen runden Bäume mit Schablone, die immer wieder neu angelegt wird. Und der Heckenschnitt mittels Nivellierung durch einen Laser, den ein zweiter Gärtner positioniert.

Auf der Rückreise im Zug hatten wir noch ein sehr intensives Gespräch mit einem Landsmann, der in Paris an der Uni arbeitete und nun vor einer großen beruflichen Entscheidung steht. Ihm wünschen wir alles Gute für seinen Lebensweg.

Am nächsten Tag schon gingen wir wieder auf große Fahrt. Wobei das „groß“ schon wörtlich genommen werden kann! Denn wir sollten für die nächste Etappe – mit 115 sm die längste bisher – 25 Stunden brauchen. Nach einem schönen sonnigen Start kamen wir gut voran und verloren Dieppe, was übrigens vom englischen deep – tief kommt, aus den Augen. Ziel war ziemlich genau Kurs West nach Cherbourg. Dabei würden wir die Seine-Mündung bei Le Havre mit der großen Bucht weit im Süden lassen. Nach und nach waren alle Küsten verschwunden und wir waren allein unterwegs.

Als Abendessen kochte ich Linseneintopf von Vinzenzmurr aus München, der uns wohl tat bei hereinbrechender Nacht. Doch nicht nur die Nacht brach herein, auch Wellen und Boen peitschten immer stärker gegen uns an. Eva hielt die erste Nachtwache und wir wollten als Ziel 3 Stunden Wache gehen, aber ganz klar mit der Möglichkeit, die Wache zu verlängern oder zu verkürzen. So geschah es ausgerechnet bei Evas Wache gegen Mitternacht, dass sich ein kleines Containerschiff näherte, das zunächst in einem Halbkreis fuhr und dann plötzlich mit der Lichterkennung grün rot – also frontal – auf uns zuhielt und schon sehr nah war.

Vom Schrei der Wachhabenden aus dem Schlaf geschreckt, was jetzt zu tun sei, machte ich sofort den Deckstrahler ein, außerdem den aktiven Radarreflektor, der unser Schiff elektronisch auf 150 m Länge aufbläst und auch der Notblitz im Masttopp wurde sofort aktiviert – von soviel Präsenz erschüttert drehte der „Große Bruder“ prompt ab und war bald nicht mehr zu sehen. Ja, da waren wir wieder hell wach! Weiter klatschte immer mal wieder eine Welle gegen das Schiff, was sich dann anhörte als würde jemand voll mit der flachen Hand gegen den Rumpf schlagen. Doch es gibt auch Schönes auf so einer Nachtfahrt: der Sternenhimmel, der draußen auf dem Wasser ohne störendes Licht so reich funkelt wie sonst wohl nur ganz oben in den Bergen unserer bayerischen Heimat, und der Bug, der das Wasser teilt, wobei die davon auseinanderstiebenden Wellen glitzern, als würden sie den Sternenhimmel spiegeln. Dabei ist es Plankton – ganz kleine Garnelen, die durch die Bugwelle Lichtblitze aussenden und so eine blinkende Spur erzeugen.

Gegen Mittag haben wir dann bei herrlichem Wetter in Cherbourg festgemacht. Cherbourg ist voller Leben und direkt hinter dem Yachthafen machen die Kreuzfahrtschiffe und Fähren nach England und Irland fest. Jetzt genießen wir ein paar Tage der Erholung und fragen uns, wie lange man von Cherbourg aus wohl mit dem Zug nach Paris braucht…

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